Die XI. Berlinale 1961Vom 23. Juni bis 4. Juli 1961 fanden die XI.Internationalen Filmfestspiele Berlin (Berlinale) statt.Rückblickend waren sie ein Festival in einer politischbrisanten Zeit und in einer Übergangsphase derFilmbranche "... Die Berlinale 1961 verschärfte diegrundlegenden inhaltlichen Konflikte, die sich imVorjahr angebahnt hatten und wurde damit erneut zueinem Spiegel der Zeit. ... nicht nur in Berlin, auchauf den anderen großen Festivals erwies sich der Übergang vom Star-Kino zum gesellschaftskritischen Autorenkino als Nagelprobe fürdas Selbstverständnis einer ganzen Generation von Kritikern und Kulturschaffenden. ..." (Quelle: Berlinale. de, Jahresblatt 1961) Unter diesen Gesichtspunkten betrachtet, war es ausheutiger Sicht nicht unbedingt ein Wunder, dass in derSparte Dokumentarfilm "Traumland der Sehnsucht" miteinem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde. Besonders derSoundtrack gefiel allgemein sehr gut. So war es auch keineÜberraschung, dass Nana Mouskouri hervorragende Kritikenin der Presse bekam:"... Vielleicht stünde uns das Beispiel Nana Mouskourisbesser zu Gesicht. Nana Mouskouri, braunhaarig, mit dickerschwarzer Brille, lächelnd, verlegen, ist immerhin die DorisDay, die Caterina Valente, die Edith Piaf Griechenlands . Siehat das herzzerreißende "Ein Schiff wird kommen" kreiert,aber Melina Mercouri hat es ihr weggenommen. Ein grauesPechvögelchen, halb folkloristische Sängerin, halbChansonette, bekam sie ihre internationale Chance inWolfgang Mueller-Sehns "Traumland der Sehnsucht", demsie ihre Stimme lieh, und am 4. Juli wird sie ihre griechischenChansons in einem Berliner Ton-Studio auch in deutscherSprache auf Schallplatten aufnehmen. Sie singt die Lieder von Manos Hadjidakis, griechischeChansons zwischen Volksmusik und westlichen Schlagern.So etwas haben wir nicht aufzuweisen und, merkwürdig, dieMansfield äffen unsere Sternchen gerne nach. Warum nicht sie? Allerdings, dazu gehört zweierlei: Ausbildung und Können ..." (Tagesspiegel, Berlin, 28. Juni 1961, Nr. 4802 / Seite 5: "Die Berlinale wird langsam erwachsen")"... NANA MOUSKOURI, sehr bescheiden mit dunklen, etwas schüchternen Augen, ist der unsichtbare Filmstar, der seine Stimme demdeutschen Dokumentarfilm "Traumland der Sehnsucht" leiht. Sie ist von Hause aus Opernsängerin, lernte den Komponisten ManosHadjidakis kennen und kreiert seitdem seine Kompositionen. Das weltbekannte Lied "Ein Schiff wird kommen" („Sonntags nie“) istzuerst durch sie in Griechenland zu großer Beliebtheit gekommen". (Telegraph, Berlin, Mittwoch 28.06.1961 "Gäste aus dem Süden")Die Welturaufführung des Films fand am 26. Juni 1961, 21.00 Uhr, in der "Filmbühne Wien" statt. Die zweite Aufführung erfolgte am29. Juni 1961, 18.00 Uhr, im "Corso-Theater" in der Nähe des Bahnhofs Gesundbrunnen. Am Abend des 26. Juni war NanaMouskouri von der Columbia-Filmgesellschaft mbH zu einemGala-Abend in den Wintergarten des Hotels Kempinskieingeladen. Zum damaligen Zeitpunkt muss ihr dasunfassbar erschienen sein. In ihrer Biografie schreibt siedazu:"... Was wir an jenem Abend auf der Berlinale hörten, hätteich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorzustellengewagt:Traumland der Sehnsucht gewann den Sonderpreis in derKategorie Dokumentarfilm! Deshalb belagerten dann auchdie Plattenproduzenten Louis Hazan, da sie damit rechneten, dass der Film ein Erfolg werden würde. Ich sollte unbedingtsehr bald Aufnahmen machen. Ich glaube, dass sichmeine Zukunft während des Galaabends entschied, alsich am Tisch der Ehrengäste saß und mir Komplimentegemacht wurden, von denen ich nur jedes vierte Wortverstand. Während des Abendessens fragte man mich, obich nicht ein oder zwei Lieder aus dem Film vortragen wolle.Dies tat ich mit dem größten Vergnügen und war froh, micheinen Moment von meinen Gastgebern entfernen zu können,die allerdings sehr charmant waren. ..." (Quelle: Nana Mouskouri: Stimme der Sehnsucht (Biografie),S. 140-141) Nach der Auszeichnung des Films kam es zufestlichen Premieren in Europa. InDeutschland erfolgten diese in Frankfurt/Mainam 7. Juli 1961 im "Zeil-Filmtheater" und inBerlin am 22. August 1961 in der "FilmbühneWien". Die Premiere in Salzburg gestaltete sich als„Königspremiere“, an der Königin Friederikevon Griechenland sowie ihre Tochter,Prinzessin Sophia, und deren Verlobter, PrinzDon Juan Carlos, teilnahmen.Dabei wurde der Produzent und RegisseurWolfgang Mueller-Sehn mit dem "Phönix-Kreuz" ausgezeichnet. Leider wurde aberManos Hadjidakis, der Komponist der Musikdes Soundtracks, einfach vergessen.Heute kennt man Hadjidakis´ Lieder in derganzen Welt, aber der Film ist - außer inGriechenland - fast ganz vergessen. Dasgriechische Königspaar Königin Friederikeund König Paul von Griechenland besuchteauch eine Aufführung des Films im Tivoli-Filmtheater München.Im Januar 1962 fand in der Woche vom22. bis zum 28. Januar die Weltpremierein Athen statt. Der Film lief in verschie-denen Kinos der griechischen Hauptstadtund fand großen Zuspruch.Auch die politische Prominenz war zudiesem Ereignis stark vertreten. KönigPaul von Griechenland, die Frau desMinisterpräsidenten Karamanlis, Amalia,und viele andere Prominente besuchtendie Aufführung des Dokumentarfilms vonWolfgang Müller-Sehn "Hellas, das Landder Träume" (griechischer Titel) im Film-theater "Attikon". In den griechischenMedien nahm dieses Ereignis großenRaum ein. Die griechische Wochenschaudes Monats Februar berichtete von zweiPremieren. Neben "Traumland derSehnsucht" hatte auch der Film"Antigone" im Kino "Orpheus" Premiere.Beide Filme waren während der Berlinaleam "Tag der Hellenen" gezeigt worden.Der Dokumentarfilm „Ελλάς, Χώρα τωνΟνείρων“, der die natürliche Schönheitund idyllische Landschaften Griechen-lands zeigt, ist im Gegensatz zu Deutsch-land in Griechenland nicht vergessen.Noch bei der Hadjidakis-Ehrung 2010sang der Chor „Σαν Σφυρίξεις ΤρειςΦορές“ ( San sfirixis tris fores) mit demVerweis auf den Film von 1961.Auszug aus dem deutschen Filmprogramm des Jahres 1961 (Illustrierte Filmbühne,Vereinigte Verlagsgesellschaften Franke & Co. KG, München 2, Sendlinger-Tor-Platz 1) Wochen-Spielplan der Berlinale 1961: 29. Juni - Aufführung des Films "Traumland derSehnsucht" im Corso-Theater am Gesundbrunnen / Abdruck im "Tagesspiegel"Die Berlinale findet heute in den Kinos im gesamten Stadtgebiet von Berlin statt.Das Zentrum jedoch ist am historischen Potsdamer Platz im Sony Center Foto: MaharepaWerbeplakate zur WeltpremiereAlle Scans: Stéphane Robert